Riedenburg

"Die Würde des Menschen ist allein Gottesgeschenk."

Prälat Dr. Josef Schweiger segnet Erweiterungsbau der Werkstätte in Riedenburg

Mit einem feierlichen Gottesdienst in der Riedenburger Klosterkirche begann der Tag, an dem Prälat Dr. Josef Schweiger, Vorsitzender der Katholischen Jugendfürsorge der Diözese Regensburg e.V. (KJF), einen ganz besonderen Ort segnete. Das hat mit seiner Biographie und einer Entscheidung zu tun, die er Ende der 90er Jahre, damals noch als Direktor der KJF, fällte. Die ehemalige Molkerei Schweiger, Betrieb seiner Eltern, sollte nach einer Zeit der „Ruhe" als Außenstelle der Straubinger Werkstätten St. Josef Menschen mit Behinderung Arbeitsplätze bieten. Was daraus geworden ist? Das 1999 mit 28 Arbeitsplätzen für Menschen mit Behinderung ins Leben gerufene Projekt „Wohnen und Arbeiten in Riedenburg" ist ein Beispiel gelebter Inklusion wie es seinesgleichen sucht.

Prälat Dr. Josef Schweiger segnete den Erweiterungsbau der Werkstätte in Riedenburg und wie es guter Brauch ist bei der KJF, feierten viele Freunde, Netzwerkpartner und Förderer mit. Schwester Sieglinde Gabriel, Wegbegleiterin der ersten Stunde, KJF-Direktor Michael Eibl und der Geschäftsführer der KJF Werkstätten gemeinnützige GmbH, Hans Horn, die Einrichtungsleiterin der Straubinger Werkstätten St. Josef, Evi Feldmeier, und die Mitarbeiter/innen mit und ohne Behinderung hatten sich zunächst in der Klosterkirche St. Anna in Riedenburg zum festlichen Gottesdienst versammelt. Gerne sind auch Vertreter aus dem Vorstand und Verwaltungsrat der KJF, aus der Kommunalpolitik und der Riedenburger Pfarrgemeinde gekommen. Mit den Ehrengästen Landrat Martin Neumeyer, Bezirksrätin Hannelore Langwieser, Bürgermeister Siegfried Lösch, dem Werkstattrat Dominik Donhauser und Roswitha Kafka, ebenfalls Mitarbeiterin in der Werkstätte, diskutierte KJF-Direktor Michael Eibl in lockerer Runde Themen rund um die Werkstätte. „Ich freue mich sehr, dass wir gemeinsam feiern, denn hier ist etwas Großartiges entstanden. Ich danke allen, die dazu beigetragen haben, dass in Riedenburg ein so gutes Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung gelingt", stellte Eibl heraus. Das bestätigte Bürgermeister Siegfried Lösch gerne: „Wir sind sehr stolz auf das ‚made in Riedenburg‘", meinte er lachend und stellte heraus, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Werkstätte besonders verwurzelt in der Kirche und der Gemeinde seien. „Hier gehen die Leute offen auf Menschen mit Behinderung zu", sagte Landrat Martin Neumeyer und auch Hannelore Langwieser zollte der Arbeit der KJF und der Werkstätten ihren Respekt. Die Beschäftigten Dominik Donhauser und Roswitha Kafka erzählten von ihrer Arbeit in der Montage und von ihren Wünschen: „Wir wünschen uns, dass wir uns in der Werkstätte auch weiterbilden können", so Roswitha Kafka. 

Es geht um mehr als den formulierten Rechtsanspruch
Das machte Prälat Dr. Josef Schweiger in seiner Ansprache deutlich: „Menschen mit Behinderung wollen nicht nur Zuschauer sein, sondern mitten drin. Sie wollen teilhaben am Leben in der Gesellschaft und im Arbeitsleben". Schweiger führte weiter aus, dass Recht und Gesetz dies forderten. Es gehe allerdings nicht nur um das Recht, sondern um viel mehr. "Die Menschlichkeit einer Gesellschaft zeigt sich nicht zuletzt daran, wie sie mit den schwächsten Gliedern umgeht", zitierte Schweiger den früheren Bundeskanzler Helmut Kohl. Jesus gehe indes noch viel weiter. Der Wert und die Würde eines Menschen, so stellte Schweiger heraus, sei nicht davon abhängig, wieviel er leisten und schuften könne: „Die Würde des Menschen ist allein Gottesgeschenk."

Riedenburg – Musterbeispiel für eine inklusive Gemeinde
Nicht irgendein Standort der KJF Werkstätten sei die Außenstelle in Riedenburg, sagte der Geschäftsführer der KJF Werkstätten, Hans Horn, in seiner Begrüßungsrede. Schließlich habe Prälat Dr. Josef Schweiger den elterlichen Besitz der KJF anvertraut, damit diese dort Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung schaffe. Nun fügte es sich so, dass der Erweiterungsbau der letzte Neubau ist, den Prälat Schweiger als 1. Vorsitzender der KJF segnete und offiziell in Betrieb nahm. Denn in Bälde wird er in den wohlverdienten Ruhestand gehen. „Hier ist etwas Wunderbares gelungen", so Horn, „die ehemalige Molkerei Schweiger, ein Ort der Arbeit, hat eine neue Bestimmung als ein besonderer Ort der Arbeit für Menschen mit und ohne Behinderung erhalten." Heute zeigt sich, wie wichtig diese Entscheidung war", meinte Horn. Denn immer mehr Menschen mit Behinderung biete Riedenburg einen sicheren Arbeitsplatz. Mehr noch, so stellt Horn heraus: „Das ist ihr Lebensort, ihre Heimat. Riedenburg ist zum Musterbeispiel für eine inklusive Gemeinde geworden."
Hans Horn bedankte sich herzlich bei Prälat Schweiger für die zukunftweisende Entscheidung und die jahrelange Unterstützung. Sein Dank galt weiter allen Behörden und Partnern, die Planung, Bau und Finanzierung so tatkräftig unterstützt haben. Evi Feldmeier und ihrem Team, dem Baureferat der KJF und den Gruppenleitern in Riedenburg dankte Horn ausdrücklich für ihren unermüdlichen Einsatz.

Finanzierung
Die Erweiterung des Platzangebots von ursprünglich 36 auf 66 wurde notwendig, weil das Arbeitsangebot in den Produktionsbereichen Küche, Hauswirtschaft, Montage und Verpackung längst nicht mehr ausreichte. Derzeit sind 53 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Behinderung in der Werkstätte beschäftigt. Täglich werden 4.000 Bauteile gefertigt und 700 Essen zubereitet. Wichtigste Kunden sind die Firma Mahle in Neustadt und das Pater-Rupert-Mayer-Zentrum der KJF in Regensburg. Der Neubau, auf einer Fläche von 1.380,22 qm, umfasst einen Montagebereich, ein Lager, Räume für den Berufsbildungsbereich/Begleitende Maßnahmen sowie zugehörige Sanitäranlagen. 2016 folgte der Umbau des Altbestands. Dort wurde der Speisesaal vergrößert, eine neue Ausgabe-/Teeküche integriert, der Brandschutz optimiert und es wurden zusätzliche Kühl- und Lagerräume eingebaut. Der Umbau des Bestandsgebäudes wird aus Eigenmitteln in Höhe von rund 314.000 Euro finanziert.
Für den Neubau sind Kosten in Höhe von rd. 1,6 Millionen Euro sind entstanden. Die Bundesagentur für Arbeit gewährte 10% der förderfähigen Kosten in Höhe von 131.100 Euro als kapitalisierten Zinszuschuss, der Bezirk Niederbayern förderte mit 65.550 Euro (5%), das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration/Zentrum Bayern Familie und Soziales mit 852.150 Euro (65%). Die Gesamtinvestitionskosten (netto) belaufen sich auf 1.597.443 Euro. Die nicht förderfähigen Kosten in Höhe von 286.443 Euro und Eigenmittel in Höhe von 262.200 Euro sind von der KJF Werkstätten gemeinnützige GmbH zu tragen. KJF-Direktor Michael Eibl und der Geschäftsführer der KJF Werkstätten Hans Horn bedankten sich besonders bei den Fördergebern: „Gemeinsam ermöglichen wir Menschen mit Behinderung die Teilhabe am Arbeitsleben und kommen so einer wichtigen Aufgabe für eine inklusive Gesellschaft nach."

„Danke für die Geduld und Ausdauer!"
Einrichtungsleiterin Evi Feldmeier und das Team in Riedenburg dürfen aufschnaufen. Alles ist gut gelungen. Besonders die hellen, gut zugänglichen Montageräume, der hinzugewonnene Lagerplatz für Montage und Küche und der neue Raum für den Berufsbildungsbereich sind ein echter Gewinn. „Ich freue mich sehr, dass die Bauarbeiten nun abgeschlossen sind. Allen gebührt großer Dank für die Geduld und Ausdauer", lobte Feldmeier die Kolleginnen und Kollegen. Insbesondere die Gruppenleiter hätten Großartiges geleistet und mit so manchem Provisorium und schnellen Lösungen geholfen.

Am Bauprojekt u.a. beteiligt
Architekt: 
Heinrich Berr Kelheim ● Planung für Haustechnik: Ingenieurbüro Schauer Straubing ● Planung für Elektrotechnik: Bernhard Frey Leibfing ● Tragwerksplanung: Ingenieurbüro Zott Regensburg ● Baumeisterarbeiten: Rödl & Herdegen, Bauunternehmen GmbH Regensburg ● Spenglerarbeiten: FLACHDACH GmbH SCHWARZ Schwarzenberg ● Metallbau– und Schlosserarbeiten: H. HARRER Metallbau GmbH Eggenfelden ● Putzarbeiten: N. Danzer GmbH Mitterfels ● Fassade + Wärmedämmverbundsystem: S.A.H. Bau und Verputz GmbH, Coburg ● Fliesenarbeiten: FIESEN LENDENR Hohenau ● Trockenbauarbeiten: Harald Schneider Akustik + Trockenbau Lichtentanne ● Malerarbeiten: Hartmann GmbH, Bad Kötzting ● Estricharbeiten: Brandl Innenausbau GmbH, Kelheim

Text und Bilder: Christine Allgeyer